Strompreise 2026: Große Worte, kleine Wirkung – wer wirklich von der Entlastung profitiert

Strompreise 2026: Große Worte, kleine Wirkung – wer wirklich von der Entlastung profitiert

Das Versprechen der Bundesregierung war klar: Energie soll wieder bezahlbar werden. Nach Jahren steigender Strompreise wollten Olaf Scholz und Co. endlich Entlastung schaffen – für Verbraucher, Mittelstand und Industrie. Nun zeigen sich die konkreten Pläne für 2026. Und während Berlin von einem „Durchbruch“ spricht, sieht die Opposition vor allem eine halbe Reform, die an der Realität vieler Haushalte vorbeigeht.


⚙️ Der Plan: 60 Prozent weniger Netzentgelte – dank Milliarden-Zuschuss

Die vier großen Übertragungsnetzbetreiber – TransnetBW, 50Hertz, Amprion und Tennet – wollen im kommenden Jahr ihre Gebühren massiv senken. Diese sogenannten Übertragungsnetzentgelte, also die „Maut“ für den Stromtransport durch die Hochspannungsnetze, sollen um fast 60 Prozent sinken.

Finanziert wird das Ganze aus dem Bundeshaushalt: 6,5 Milliarden Euro Steuergeld sollen die Lücke füllen. Die Bundesregierung feiert das als historische Entlastung, die „eine spürbare Wirkung für alle“ habe.

Doch wie so oft steckt die politische Realität im Detail: Die größten Profiteure sitzen nicht im Wohnzimmer, sondern in den Fabrikhallen.


🏭 Industrie jubelt, Verbraucher winken müde ab

Für Großverbraucher wie Stahlwerke oder Chemiekonzerne bedeutet die Maßnahme tatsächlich spürbare Entlastung. Ihre Stromkosten sinken laut Berechnungen um rund 55 Prozent beim Netzentgelt – von 1,05 Cent pro Kilowattstunde auf nur noch 0,47 Cent.

Privathaushalte hingegen bekommen vom Kuchen nur ein paar Krümel ab. Nach Berechnungen von Verivox sinkt der jährliche Strompreis für einen Drei-Personen-Haushalt (4.000 kWh) gerade einmal um etwa 61 Euro. Das entspricht einer Ersparnis von 4,4 Prozent.

Die Bundesregierung rechnet optimistischer: Laut ihrem Sprecher könnten Haushalte rund 100 Euro im Jahr sparen, also etwa zwei Cent pro Kilowattstunde. Kritiker halten das jedoch für ein „Schönrechnen mit Idealwerten“, das regionale Unterschiede ignoriere.


Das Problem: Die teuren Verteilnetze

Die Übertragungsnetze sind nur die oberste Schicht des Stromsystems. Zwei Drittel der Gebühren entstehen jedoch erst in den Verteilnetzen – also dort, wo der Strom tatsächlich in die Städte und Dörfer fließt.

Diese lokalen Netzentgelte steigen vielerorts weiter, weil neue Leitungen, Smart-Meter-Systeme und der Anschluss von Solaranlagen und Wärmepumpen bezahlt werden müssen.

Kurz gesagt: Was oben gespart wird, wird unten wieder draufgeschlagen.


🏛️ Kritik von allen Seiten – und der Ruf nach einer echten Reform

Selbst die Wirtschaft zeigt sich gespalten.
DIHK-Vizepräsident Achim Dercks begrüßt zwar die Entlastung, mahnt aber zugleich:

„Die Übertragungsnetze sind nur ein Teil der Stromkosten. Wenn die Verteilnetze teurer werden, verpufft der Effekt. Die Regierung muss endlich auch die Stromsteuer senken – für alle.“

Auch aus dem Bundestag kommt Gegenwind.
Grünen-Politiker Michael Kellner kritisiert:

„Ein Zuschuss, der direkt auf die Umlagen wirkt, wäre gerechter. So profitieren manche Regionen deutlich mehr als andere.“

Tatsächlich zeigen Prognosen: Zwischen Nord- und Süddeutschland könnte die Differenz bei der Entlastung bis zu drei Cent pro Kilowattstunde betragen.


🔮 Was bedeutet das für 2026?

  • Strompreise sinken leicht, aber keine Trendwende.
  • Industrie gewinnt deutlich, Privathaushalte kaum.
  • Ohne dauerhafte Stromsteuerreform bleibt der Effekt kurzfristig.
  • Die Frage, ob sich das Wahlversprechen „billiger Strom für alle“ erfüllt, dürfte sich also spätestens 2026 bei der nächsten Bundestagswahl erneut stellen.

🧩 Fazit: Ein Pflaster, keine Heilung

Die angekündigte Senkung der Netzentgelte ist politisch ein Erfolg – ökonomisch aber eine kosmetische Korrektur.
Die wahren Treiber der Strompreise liegen im Netzausbau, den Steuern und den Umlagen, nicht in den Übertragungsgebühren.

Wenn die Regierung ihr Ziel ernst meint, wird sie 2026 mehr als sechs Milliarden Euro Zuschuss brauchen – nämlich eine strukturelle Reform der Energieabgaben, die Strom wieder zum Selbstverständlichen macht, nicht zum Luxusgut.

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